Obergünzburg (hk) Bei der Juli-Monatsversammlung 2025 des Arbeitskreises Heimatkunde (AKH) erinnerten sich die Heimatler an die Neuanfänge des Obergünzburger Volksfestes nach dem Zweiten Weltkrieg. Das Wort „Freischießen“, seit mehr als 300 Jahren unter diesem Namen geführt, verdankt seine Entstehung dem Fürstabt Eucharius von Wolffurt (1616-1631), der im Herbst jeden Jahres ein Schießen gab, zu welchem er Pulver und Blei stiftete.

Nachdem während der Kriegs- und Nachkriegsjahre 1939 bis zur Währungsreform, kein Schützenfest stattfinden konnte, hat die Marktgemeinde Obergünzburg, entsprechend des Obergünzburger Anzeigenblattes Nr.35 im Jahre 1948 erstmals wieder zu einem „Volksfest“ eingeladen. 1945-48 durfte der Ausdruck „Freischießen“ nicht verwendet werden, da sämtliche Schießbelustigungen bis dahin untersagt waren. Umso bedeutsamer war die Tatsache, dass 1949 mit der Bewilligung eines mittelalterlichen Armbrustschießens die Bezeichnung „Freischießen“ wieder gestattet wurde. 1951 begann dann bei der Hinteren Post wieder der Schießsport.

Die Wiederkehr des Schützenfestes wurde seinerzeit vor 76 Jahren beim ersten Festzug durch den Markt mit dem Einzug des Fürstabtes von Wolffurt gebührend gefeiert. Die Wappenträger gehen dem Hohen Herrn voraus. Ihm folgten die vier Edlen der ehemaligen Schlösser, die Herren von Ronsperg, von Stein, von Thingen (Unterthingau), von Rechberg zu Liebenthann mit ihrem Gefolge. Fanfarenbläser zu Pferd an der Spitze des Zuges, die Standarte des Marktes, die berittenen bayerischen Postillione, der Fahnenschwinger und die Musikkapellen haben dem festlichen Zug einen gehobenen Rhythmus verliehen. Einer Schützengruppe mit der Fahne von 1848 mit Schützenliesl und Schützenkönig folgten die Trachten der Heimatvertriebenen und einheimische Trachtenvereine bildeten den Schluss des Festzuges, der beginnend vom Gasthaus Schwanen – Entenmoos – Kemptener Straße – Gutbrodstraße. – Oberer Markt zurück über den Marktplatz zur Rößlewiese führte.

Dort wurden alle Zugbeteiligten und die Bevölkerung von den Musikkapellen aus Ober- und Unterhingau, Aitrang und Obergünzburg mit einem Konzert im Zusammenklang veranstaltend empfangen.

Obwohl das Freischießen ohne Stutzen und ohne Pulver und Knall ausgetragen wurde, so konnten die Schützen mit Pfeil und Bogen ihre Treffsicherheit auf die Scheibe beweisen. Nicht minder im Eifer war das „Geisbockstechen“ mit der Lanze und verdeckten Augen gefragt, oder das Werfen der Bälle auf die aufgetürmten Konservenbüchsen um sie herunterzuschmettern.

Gleichzeitig mit dem Fest auf der Rößlewiese spielte sich auf dem Marktplatz ein frohes Festtreiben ab. Im Mittelpunkt lockte der Glückshafen mit schönen Gewinnen zum Loskauf und neben der Schiffschaukel für die jungen Burschen horchten besonders die Kinder während dem Ballspielen, Sackjucken, oder Wurstschnappen, dem Spiel der Drehorgel zu. Ebenso gab es Trachtentänze auf dem Marktplatz und im Hirsch- und im Bärensaal wurde zum Tanz aufgespielt.

Leider konnten anlässlich des ersten Freischießens in der Mädchenschule nur wenige Teile der verborgenen Nauer`schen Sehenswürdigkeiten aus der Südsee im Dachgeschoß, als auch von der Johannes Kaspar-Bilder besichtigt werden, da die Räumlichkeiten während des Krieges als Lazarett dienten und die erforderliche Neugruppierung als Museum mit Rücksicht auf die finanzielle Lage des Marktes seinerzeit nicht möglich war.


Bild: Die wöchentlich erschienenen Obergünzburger Anzeigen-Blätter von 1948 /49 vermitteln eindrucksvoll das Geschehen der Nachkriegszeit in Obergünzburg und den umliegenden Gemeinden.

Bild: Entenmoos im Zentrum des Marktes in den Nachkriegsjahren 1948

Fotos: Hermann Knauer (Archiv)