Arbeitskreis Heimatkunde Obergünzburg renoviert Gedenkstein an der „Kopfsaul“

Der Gedenkstein an die „Kopfsaul“ des Halsgerichtes Kempten, 1936 von den „Heimatlern“ aufgestellt, wurde nun von den Mitgliedern des „Arbeitskreises Heimatkunde Obergünzburg“ (Heimatlergemeinde) abgebaut, gereinigt und die Schrift von Steinmetzmeister Hermann Rudolph erneuert.

Durch die Verlegung und den Neubau der Staatsstraße nach Ronsberg wurde der Stein im Jahr 2002 versetzt. Seit dieser Zeit hatte sich der Untergrund gesetzt, so dass der knapp 1 Tonne wiegende Fels einen neuen Unterbau benötigte. Nun steht er wieder fest und fast am ursprünglichen Standort, dem Zusammenfluss von Salabach und Litzenbach, an der Stelle wo zu früheren Zeiten am Stock gerichtet wurde.  Der Standort nahe bei dem Anwesen Seitz in der Ronsberger Straße hat auch den Flurnamen „Obere Kopfsaulwiese“. Da der Salabach in den Sommermonaten öfter austrocknete und für die Zeremonie des „Richtens mittels streichen mit Schwert“ Wasser zum Beseitigen der Blutspuren wichtig war, wurde damals die Einmündung des Litzenbaches an diese Stelle verlegt, somit war immer genügend Wasser vorhanden.

Geköpft zu werden auf einem Holzklotz (Kopfsaul)  galt im Gegensatz zu allen anderen Todesarten wie Hängen, Foltern oder auf das Rad flechten als nicht entehrend. Erst mit Einführung der berufsmäßigen Scharfrichter wurde das Richten mit dem Schwert zu einer Kunst. Nur einem „Meister“ gelang es, mit einem einzigen, waagrecht und mit beiden Händen geführten Hieb das Haupt abzutrennen. Gelang ihm das nicht empörte sich die Zuschauermenge und bewarf den Schaftrichter mit Steinen. Die Hinrichtung mit dem Schwert wurde im Mittelalter vor allem bei Totschlag, Raub, Brandstiftung, Notzucht, Fälschung und Betrug angewandt. „Zu des Missetäters Leib soll Gericht mit dem Schwert geschafft werden, dass zwei Stücke aus ihm gemacht werden zwischen Achseln und Ohren, dass man zwischen den zwei Stücken reiten und gehen kann“, so gründlich wurde dieses Handwerk beschrieben. Nicht nur Hinrichtungen fanden an diesem Gerichtsplatz statt.

Besonders tragisch ist das Schicksal der Magd Anna Maria Eglin aus Obergünzburg. Die schüchtere Frau wurde schnell als „Hexe“ verdächtigt, als die Kühe nicht mehr fressen und ein Kind erkrankte. Im Mai 1716 wird sie verhaftet, übersteht jedoch die Folter und leistet die „Urfehde“, den Schwur, niemanden für die Haft zur Rechenschaft zu ziehen und den Landesverweis anzunehmen. Doch Hunger und Heimweh lassen sie in die Heimat zurückkehren. Diesmal wird kurzer Prozess gemacht. Unter Folter gesteht sie alles was ihr vorgesagt wurde, Urteil: „Schadenszauber“.  Sie wurde im Dezember 1716 an dem Gerichtsplatz der „Kopfsaul“ hingerichtet.

Ein lautes und frohes Gastmahl im „Goldenen Hirsch“ zu Obergünzburg, so ist überliefert, beschloss dieses schaurige Volksfest. Essen und Trinken war für alle Beteiligten und Bürger frei, die erstandenen Unkosten in Höhe von 162 Gulden (entspricht heute in etwa 2500 Euro) sollten die Obergünzburger jedoch danach selbst bezahlen und nicht das Stift Kempten, wie diese vermutet hatten. Darauf sprachen etliche Abordnungen in Kempten vor, dass nicht die Obergünzburger, sondern der vom Stift eingesetzte Pfleger diese Hinrichtung im Marktflecken wollte und deshalb doch Kempten für die Unkosten aufkommen solle. Nach langen Verhandlungen übernahm das Stift 62 Gulden, die restlichen 100 Gulden mussten die Obergünzburger übernehmen mit der Zusicherung, dass bei weiteren Justifikationen keine Kosten mehr zu übernehmen seien.

Die „Kopfsaul“ stand bis 1813 an dieser Stelle, bis diese auf eine königlich-bayerische Anordnung abtragen wurde. Schon im Jahr 1803 wurde mit der Säkularisation das Fürststift Kempten dem Staat Bayern einverleibt und hat von diesem auch die Rechtsprechung übernommen.

 

 

Text: Karl Fleschutz

Foto: Gisela Kaulfersch

Die Mitglieder des Arbeitskreises Heimatkunde Obergünzburg nach der Versetzung des renovierten Gedenksteins „An der Kopfsaul“. v.l.n.r. Peter Fleschutz, Steinmetzmeister Hermann Rudolph, Karl Fleschutz